"Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat klargestellt, dass auch eine hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzugs zur Beendigung eines Mietverhältnisses nach Ablauf der gesetzlichen Kündigungsfrist führen kann, wenn die durch den Vermieter unter Berufung auf denselben Sachverhalt vorrangig erklärte und zunächst auch wirksame fristlose Kündigung durch eine vom Mieter nach Zugang der Kündigungserklärung vorgenommene Schonfristzahlung nachträglich unwirksam wird. Von diesem Verständnis ist der Senat – ebenso wie die Instanzrechtsprechung – stets ausgegangen.

 

Ein vom Mieter herbeigeführter Ausgleich der Rückstände gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB lässt die durch eine außerordentliche fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a BGB) mit ihrem Zugang herbeigeführte sofortige Beendigung des Mietverhältnisses nachträglich rückwirkend entfallen. Die Regelung des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB beschränkt sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht darauf, lediglich Ansprüche auf Räumung und Herausgabe der Mietsache nachträglich zum Erlöschen zu bringen. Vielmehr hat der Gesetzgeber gewährleisten wollen, dass die wirksam ausgeübte fristlose Kündigung unter den dort genannten Voraussetzungen trotz ihrer Gestaltungswirkung rückwirkend als unwirksam gilt und der Mietvertrag fortgesetzt wird. In einer solchen Situation kommt eine gleichzeitig mit einer fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung zur Geltung. Denn ein Vermieter, der neben einer fristlosen Kündigung hilfsweise oder vorsorglich eine ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses wegen eines aufgelaufenen Zahlungsrückstands ausspricht, erklärt diese nicht nur für den Fall einer bereits bei Zugang des Kündigungsschreibens gegebenen Unwirksamkeit der vorrangig erfolgten fristlosen Kündigung. Vielmehr bringt er damit aus objektiver Mietersicht regelmäßig weiterhin zum Ausdruck, dass die ordentliche Kündigung auch dann zum Zuge kommen soll, wenn die zunächst wirksam erklärte fristlose Kündigung aufgrund eines gesetzlich vorgesehenen Umstands wie einer unverzüglichen Aufrechnung durch den Mieter (§ 543 Abs. 2 Satz 3 BGB), einer sog. Schonfristzahlung oder einer Verpflichtungserklärung einer öffentlichen Stelle (§ 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB) nachträglich unwirksam wird.

 

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat eine Schonfristzahlung oder Verpflichtungserklärung einer öffentlichen Stelle also nicht zur Folge, dass eine mit der fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs gleichzeitig hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung "ins Leere" ginge. Indem das Berufungsgericht allein darauf abgestellt hat, dass eine in materieller und formeller Hinsicht wirksam erklärte fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs das Mietverhältnis (zunächst) auflöst, hat es die bei der Auslegung einer Kündigungserklärung zu beachtenden rechtlichen Zusammenhänge (insbesondere Wirkung des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB) außer Acht gelassen und einen einheitlichen natürlichen Lebenssachverhalt (Zahlungsverzug, Kündigung, nachträgliche Befriedigung des Vermieters), auf den sich die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung bei vernünftiger lebensnaher und objektiver Betrachtung stützt, künstlich in einzelne Bestandteile aufgespalten.

 

Aus den vorgenannten Gründen hat der Senat die Berufungsurteile in beiden Verfahren aufgehoben und die Sachen jeweils zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, damit dieses nunmehr Feststellungen dazu treffen kann, ob die jeweils hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigungen die gesetzlichen Anforderungen für das Vorliegen eines Kündigungsgrunds erfüllen und ob gegebenenfalls der kurze Zeit nach Zugang der Kündigung erfolgte Ausgleich der Rückstände bei tatrichterlicher Würdigung der konkreten Einzelfallumstände die Berufung auf die ordentlichen Kündigungen als treuwidrig erscheinen lässt"(Quelle: Preesemitteiling Bundesgerichtshof zu Urteilen vom 19. September 2018 - VIII ZR 231/17 und VIII ZR 261/17)

   

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28. März 2024

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